Zwischen Verwurzelung und Wissenschaft

Zwischen Verwurzelung und Wissenschaft

Willi Stürz sucht den Austausch mit Weinbauern und Wissenschaftlern – seit mehr als 30 Jahren

Willi Stürz ist ein waschechter Traminer und das ist gleich von doppelter Bedeutung, wenn es um den Wein geht. Schließlich wird ihm die Leidenschaft für den Wein im Südtiroler Unterland schon in die Wiege gelegt: „Ich bin in Tramin geboren und aufgewachsen und habe dadurch automatisch eine Verbindung zum Weinbau gehabt“, sagt Stürz selbst. Und wohl auch ebenso naturgegeben eine Verbindung zum Gewürztraminer, zu jener Rebsorte also, die das Unterlandler Dorf im Namen trägt.

Kein Wunder ist also, dass Willi Stürz seit mehr als 30 Jahren Kellermeister der Kellerei Tramin ist. 1992 übernimmt er diesen Posten, in einer Zeit also, die – in Weinbau-Phasen gedacht – in grauer Vorzeit liegt. Damals wachsen auf fast 80 Prozent der Genossenschafts-Flächen Vernatschreben, die nicht nur Tiroler Urgewächse sind, sondern auch zuverlässig liefern, was Südtirols Weinwirtschaft bis in die 1980er-Jahre braucht (oder glaubt zu brauchen): Masse.

Weil die Massenproduktion in den 1980ern allerdings in einer Sackgasse gelandet ist und Südtirols Weinbau in eine tiefe Krise gestürzt hat, tut Willi Stürz in Tramin das, was er tun muss, als er das Ruder übernimmt: er wirft es herum. Nicht mehr Quantität, sondern Qualität steht für ihn im Fokus und auch der Vernatsch hat über weite Strecken ausgedient. Er muss weißen Sorten weichen, die heute das Bild in der Kellerei Tramin prägen und rund 70 Prozent der Rebfläche einnehmen.

Unter diesen weißen Sorten ist auch der Gewürztraminer, der heute die meistverbreitete Rebsorte auf den Flächen der Traminer Genossenschaft ist. Wer nun glaubt, das sei für Tramin eine Selbstverständlichkeit, irrt. Es ist auch Kellermeister Willi Stürz und seiner konsequenten Qualitätspolitik zu verdanken, dass der Gewürztraminer eine Renaissance erlebt und den Sprung vom Billigregal der Supermärkte zu einem der angesehensten Weißweine in ganz Italien geschafft hat – und nicht nur dort.

Der Aufschwung des Gewürztraminers (und mit ihm der Kellerei Tramin) ist also auch der Konsequenz und Risikofreude von Stürz zu verdanken. Und seiner Akribie, die sich nicht nur auf den Keller erstreckt, sondern auch auf den Weinberg. So bringt sich Stürz in die Anlage idealer Weinberge ebenso ein wie in die Auswahl der geeigneten Sorten, in die Strategien im Weinberg ebenso wie in die Qualitätspolitik.

Dabei schafft Stürz den Spagat zwischen verwurzeltem Wissen im Weinbau und der stets nach neuen Erkenntnissen suchenden Welt der Wissenschaft. So sucht der Kellermeister seit jeher einen engen Austausch mit den Weinbäuerinnen und Weinbauern. „Sie stehen jeden Tag im Weinberg und spüren sofort, wenn sich etwas tut, worauf man reagieren muss“, sagt Stürz. „Dieses Gefühl können wir bestens in die Qualität des Weins einbringen.“

Zugleich sucht Stürz den Kontakt zur Wissenschaft, schließlich ist er überzeugt davon, dass nur mit Innovationen in Weinberg und Keller vorhandenes lokalspezifisches Wissen entscheidende Impulse für die Weiterentwicklung erhält. „Für mich persönlich ist der Austausch mit Wissenschaftlern und Studenten von enormer Wichtigkeit, weil wir dadurch zu Aussagen kommen, die genau auf unser Gebiet abgestimmt sind“, erklärt er.

Verwurzelung und Innovation sind für Stürz demnach zwei Säulen des Erfolgs, den die Kellerei Tramin einfährt – seit drei Jahrzehnten mit Stürz an den Schalthebeln.
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